Von Kreuzkümmel, Minztee und 5-Sternen-Garbuden
Wenn mir jemand Ende letzten Jahres gesagt hätte, dass ich im Januar nach Marrakesch fliege, hätte ich gelacht. Ja, ich bin in meiner Auszeit, aber nach Marrakesch? Ich war dort. Eine ganze Woche! Ich kannte diese Stadt nur aus Bond Filmen, wie letztlich Spectre. Und was soll ich sagen? Unglaubliche Stadt. Sehr fremd und aufregend.
Freitag Abend angekommen, sind meine Freundin Lee und ich erstmal auf den Djemaa el Fna, den Platz der Gehenkten, DEM Platz in der Medina, der Altstadt von Marrakesch. Hier geht es ab Sonnenuntergang ab.
Der Djemaa el Fna
Der Weg durch die Medina, ca. 15 Minuten von unserem Riad (ehemalige Herrenhäuser, die als Hotels dienen) entfernt, war schon begleitet mit lauter Aufforderungen, etwas zu kaufen oder in eine bestimmte Richtung zu gehen. Was wir auf dem Platz sahen? Menschen mit Schlangen in Händen, Erdmännchen an Leinen, Affen, einen Stand mit einem „Zahnarzt“, der stolz die gezogenen Zähne zur Schau stellte….ich wusste gar nicht mehr, wo ich hinsehen sollte. (Ihr werdet Euch jetzt fragen, warum ich keine Fotos hier dazu reinpacke. Fotos schießen heißt immer bezahlen und dazu braucht man Kleingeld, was rar gesät ist…)
Um erst mal einen Eindruck zu bekommen, setzten wir uns auf die Terrasse des Café de France, wo man halt sitzt als Tourist. Es ist das älteste touristische Café am Platz. Von dort hat man einen sehr guten Ausblick auf das Treiben unten. Mit dem beindruckenden Sonnuntergang wurde es voller auf dem Platz, die Geschichtenerzähler und Garbuden füllten sich. Irgendwann riefen die Muezzin zum Gebet. Vom Platz hörte man die Muezzin von mindestens drei Moscheen. Unbeschreiblich…in Ermangelung eines anderen Wortes, orientalisch. Ich war fasziniert.

Irgendwann wurde uns kalt und wir gingen dann über den Platz auf der Suche nach etwas zu Essen. Sagte ich „gingen“? Wir wurden ständig von allen Seiten bestürzt, wir sollen doch dort essen, schließlich hätte die Mutter gekocht. Wir lernten auch, dass dort auf dem Djemaa el Fna offensichtlich eine 5-Sterne-Michelin-Küche ist. 🙂
Ich war zwar zunächst überfordert ob der vielen Menschen, die einen bedrängen und habe auch einen Verkäufer angefahren, der mich am Arm angefasst hat mit „Ne me touche pas“ (fass mich nicht an), weil ich gelesen hatte, dass das in Marroko kein Mann tut. Ansprechen ist OK, anfassen nicht, keine Frau. Ich musste aber lachen, als der Typ beim Rückweg – wir sind wieder auf ihn gestoßen – sagte „I don’t touch you“. Ein Tipp für Euch: je gelassener Ihr mit den ganzen Kaufangeboten etc. umgeht, umso leichter ist es.
Schließlich haben wir dann doch an diesem Abend noch nichts auf dem Platz gegessen, mir war einfach kalt und ich wollte drinnen sitzen. Kalt war mir? Nach unter Null Graden in Deutschland? Ja! Die Kälte ist in Marrakesch anders. Tagsüber ist es in der Sonne sehr angenehm, so wie bei uns im Frühling, sobald die Sonne weg ist, ist es sofort kalt.
Wir sind dann erstmal an dem Platz eingebogen und haben dort irgendwann beschlossen, in eine Bar /Restaurant zu gehen. Dort saßen fast nur Männer, die Fußball guckten. Die waren etwas irritiert, dass wir rein gekommen sind, aber sehr freundlich. Das Essen war lecker: Tajine mit Rinderhackfleisch und Ei hatte Lee, ich hatte Rind nach Berber Art mit Gemüse. Sehr schön gewürzt alles und überhaupt nicht teuer. Wir haben für ein Hauptgericht ca. 45 DIR bezahlt, 4,50 Euro.

Marrakesch riecht und schmeckt nach…
…Kreuzkümmel, Minze und frischem Brot! Das herausragende Gewürz ist zu fast allem Kreuzkümmel mit Salz und natürlich geht es nicht ohne den obligatorischen süßen – sehr süßen Minztee. Der besteht aus chinesischem grünen Tee und frischer oder getrockneter Minze. Der Zucker wird in Hüten verkauft, man bringt diese zu jeder Gelegenheit als Gastgeschenk mit.

Nur Kreuzkümmel? Natürlich werdet Ihr Berge von Gewürzen sehen auf den Souks und ja, es gibt Ras el Hanout, eine Gewürzmischung, das Curry Afrikas sozusagen, aber in der alltäglichen Küche spielen Gewürze in Vielzahl eine kleinere Rolle. Zumindest war dies unsere Wahrnehmung. Und wir haben uns durch Berge von alltäglichem Essen gefuttert. Linsensuppe als Frühstück, viele Tajines, Innereien-Spieße (Herz und Leber), Sfenj (marokkanische Donuts), Msimn (eine Art Crêpe), Arten von Schawarmas, (Teigtaschen mit scharfen Würstchen oder Hack z.B.) und auch das berühmte Tanjia, über Tage geschmortes Lamm in einem Erdloch. Sehr gut im Kopf geblieben ist mir das feudale Frühstück, dass wir vor unserer Rural Market Tour bekommen haben mit frischem Brot, Honig, Arganöl und einer Mischung aus Nüssen, Honig und Arganöl. Sehr lecker!




Kein Couscous
Mir fällt gerade auf, dass wir nicht einmal Couscous gegessen haben. Ich hatte eigentlich gedacht, dass Couscous in jeder Tajine drin ist, das ist aber ein Irrglaube. In einer Tajine ist mal mehr, mal weniger Gemüse, Kartoffeln findet man häufig, ein ganz bisschen Fleisch, um Geschmack zu geben, das war es aber. Ich nehme an, dass die Zubereitung von Couscous zu aufwendig ist, muss er doch lange gedämpft werden.
Unvergessen ist ein Gespräch mit einer recht ignoranten Frau, die bei uns im Riad zu Gast war. Sie sei von dem Essen enttäuscht, hat sie sich doch mehr getrocknete Früchte und Nüsse im Essen gewünscht…wir versuchten vorsichtig darauf hinzuweisen, dass der durchschnittliche Marrakeschi sich wohl diese nicht leisten könne, was aber auf taube Ohren stieß …schade, dass hier die Offenheit fehlte.
Im nächsten Teil erzähle ich darüber, wie ich im Rahmen einer Markttour außerhalb von Marrakesch quasi die Social Media Beauftragte der Metzger wurde, ich Orangen direkt vom Baum gegessen habe und mir die Augen vor Rauch tränten.